Reichweite gilt heutzutage als primärer Erfolgsparameter für jede neue Marketingkampagne. Doch wie sich Reichweite generieren lässt, ist von Fall zu Fall verschieden. Wie kann ein Unternehmen dafür sorgen, dass sein Content die richtigen Adressaten erreicht, und sich auch darüber hinaus weiter verbreitet? Durch Engagement kann Reichweite organisch erhöht werden: Beschäftigen sich mehr Nutzer im Internet und auf sozialen Netzwerken mit einer Marke, so wird es viel wahrscheinlicher, dass Beiträge und Ankündigungen dieser Marke sich verbreiten. Zum Beispiel, indem sie von Nutzern geteilt werden oder indem ein trendendes Hashtag dieser Marke potenziellen Neukunden vorgeschlagen wird. In diesem Kontext ist Imagepflege wichtiger denn je geworden: Wer Thought Leader seiner Branche ist, spricht sich im Internet schnell herum.
Engagement – zum Gesprächsthema werden
Der Begriff „Engagement“ umfasst unterschiedliche Formen digitaler Interaktion. Diese Interaktion kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen: User verfassen Kommentare unter Beiträgen im Social Media und diskutieren in öffentlichen Foren über neue Produkte. Der Twitteraccount einer Marke hat viele Follower, die deren Tweets teilen und auf sie antworten. Oder ein Startup hat eine eigene App herausgebracht, die von vielen verwendet wird.
All das ist Engagement. Wie man es misst, hängt davon ab, auf welchem Kanal die User interagieren; Followerzahlen, Likes, Kommentare, Retweets, trendende Hashtags. Von hohem Engagement ist dann die Rede, wenn – salopp gesagt – viele Netizens mit einem Unternehmen oder einer Marke im Internet interagieren und darüber reden.
Die Erfolgsstrategien der meisten großen Internetkonzerne gehen auf Engagement zurück. Google, YouTube und Facebook sind so erfolgreich, weil Nutzer überdurchschnittlich viel Zeit auf diesen Seiten verbringen. Diese Unternehmen haben besonders hohes Engagement, weil sie Dienste anbieten, die gefragt sind. Und natürlich auch, weil sie gratis nutzbar sind.
Warum ist Engagement wichtig, um die Reichweite zu erhöhen?
Um zu beurteilen, wie erfolgreich der Onlineauftritt eines Unternehmen ist, ergibt es zunächst Sinn auf die Reichweite der veröffentlichten Inhalte zu schauen, denn je höher die Reichweite, desto höher die Chance mit relevanten Botschaften die richtigen Personen zu erreichen.
Aber wie generiert man Reichweite? Zum einen kann man sie über Anzeigen kaufen. Inhalte werden so automatisch mehr Usern angezeigt, allerdings schauen die aktuellen Algorithmen von Google, Facebook und Co. immer auch auf die Relevanz der Anzeigen, weniger Relevanz bedeutet dann oftmals höhere Kosten für weniger Reichweite. Zum anderen hängt die organische Reichweite eines Social Media Kanals nicht zuletzt von der Bekanntheit des Unternehmens oder der Marke, die es repräsentiert, ab. Natürlich klicken Nutzer häufiger bei Profilen den „Follow“ Button, die sie bereits kennen.
Doch wie kommt es, dass eine Organisation wie die NASA plötzlich auch außerhalb ihrer ursprünglichen Zielgruppe von Technikbegeisterten gefragt ist, dass H&M in seiner neuesten Kollektion jetzt NASA T-Shirts verkauft? Noch vor ein paar Jahren wäre jeder der sowas trägt, direkt als Nerd abgestempelt worden, heute ist es hip. Zufälligerweise betreibt die amerikanische Raumfahrtorganisation einen sehr erfolgreiche Social Media Präsenz, die regelmäßig damit Schlagzeilen macht, dass sie sich in digitale Konversationen einklinkt und tausendfach retweetet wird. Denn die organische Entwicklung der Reichweite eines Social Media Accounts hängt in hohem Maße von den Engagement-Werten ab.
Je häufiger ein User mit den Facebook oder Instagram Inhalten eines Unternehmens interagiert, desto mehr sieht er oder sie auch von dessen Werbung und Ankündigungen. Wenn Netizens sich die Zeit nehmen, Kommentare zu schreiben, oder einen Tweet zu teilen, dann machen sie damit gleichzeitig indirekt ihre Freunde, Bekannte und sonstige Follower auf das Posting aufmerksam – und werben indirekt neue Kunden.
Das Engagement ist so wichtig, dass die Algorithmen von Facebook und Instagram sich inzwischen mehr an Kommentaren und Shares als an Likes orientieren, wenn es um die Frage geht, ob ein Post unbekannten Nutzern als Vorschlag auf der Startseite angezeigt wird. Denn einen Like kann man mal eben schnell da lassen, einen Kommentar zu verfassen bedeutet hingegen, dass User sich aktiv mit dem Content auseinandergesetzt haben.
Was bewegt Nutzer dazu, bei manchen Inhalten länger halt zu machen, während andere Inhalte kaum wahrgenommen werden? Schauen wir uns dazu die mittlerweile in Lehrbüchern aufgeführte Kampagne von Nike in China an.
Nike – von 0 auf 100
In China wurde um 2012 von WeChat eine Funktion zum Scannen von QR-Codes eingeführt. Das Feature war ein großer Erfolg, das Scannen von QR-Codes wird heute mitunter zum bargeldlosen Zahlen verwendet. Nike platzierte QR-Codes an strategisch wichtigen Stellen im urbanen Raum Chinas um so die ersten Kunden für seine Onlinepräsenz auf WeChat zu werben. Danach ging es mit Engagement weiter.
Im Rahmen der ersten Werbemaßnahmen entwickelte das Unternehmen eine Applikation, die automatisch sportliche Erfolge ihrer Nutzer, wie zum Beispiel Bestzeiten bei der täglichen Fahrradrunde, aufzeichnete und sie im WeChat-Newsfeed veröffentlichte. Auf diese Art und Weise machte sich Nike in Chinas Social Media zur Autorität in puncto Fitness und sorgte gleichzeitig dafür, dass sein Name in unzähligen Newsfeed auftauchte.
Darüber hinaus gab das Unternehmen die jeweils besten Athleten in unterschiedlichen Disziplinen bekannt und ermöglichte den Gewinnern Treffen mit prominenten Sportlern. Auf diese Art und Weise signalisierte Nike seinen Nutzern, dass die Entwicklung der App mit einer Ideologie der Selbstverbesserung und des Sportsgeistes verbunden sei. Dies stärkte das Vertrauen der Kunden.
Denn bei der Mehrheit der Verbraucher dominiert im 21. Jahrhundert die Ansicht, dass jeglicher Werbeaufwand eines Unternehmens nur seiner Umsatzsteigerung dienen soll – und dass dabei Kriterien der Nachhaltigkeit eher im Hintergrund stünden. Dies kann zu Zweifeln an Qualität und moralischer Integrität einer Marke führen.
Innerhalb der ebenfalls von Nike entwickelten Applikation für Jogging können Kunden Produktvorschläge abrufen. Diese sind auf die vom Programm erhobenen Daten über den Nutzer abgestimmt. Auf diese Art und Weise fühlen die Kunden eine stärkere Verbindung zum Unternehmen. Sie sind nicht nur einer unter vielen, der oder die mit einer standardisierten Marketingstrategie angesprochen werden soll. Stattdessen wird auf das Individuum persönlich eingegangen, beim Kunden entsteht das Gefühl, die eigenen Vorstellungen vor einem Hintergrund fast unüberschaubarer Angebote besser realisieren zu können.
Was bedeutet Engagement für Social Media Marketing Strategien?
Einfach nur Werbung machen – das reicht heutzutage nicht mehr. Im Turbokapitalismus des 20. Jahrhunderts haben viele Verbraucher die Erfahrung gemacht, dass Unternehmen oft viel mehr versprechen, als sie eigentlich halten können. Oder dass sie undurchsichtige Formulierungen verwenden, um Käufer auszunehmen, die „das Kleingedruckte nicht gelesen haben“.
Deswegen steigt das Interesse an Unternehmen mit Profil. Nike zum Beispiel wurde zum Marktführer für Sportartikel in China, weil die Marke sich aktiv mit den Nutzern auseinandersetzte. Die Marketingabteilung von Nike erkannte, dass in China ein besonders hoher Sportsgeist herrscht – und stimmte seine Marketingkampagne darauf ab. Ausschlaggebend für den Erfolg dieser Kampagne war, dass sie Engagement erzeugte.
Für die Produktion der Sport- und Jogging-Apps, sowie die personalisierte Sportbekleidung ging das Unternehmen, erst einmal in Vorleistung. Die Nutzer honorierten das: Sie blieben einer Marke treu, in der sie mehr als nur ein an Absätzen in einem neuen Markt interessiertes Unternehmen sahen. Nike avancierte in China zum digitalen Ansprechpartner in puncto Fitness und das führte zu einem drastischen Anstieg der Mentions in den sozialen Medien.
Um so erfolgreich zu werden wie der Sportgigant Nike, ist es wichtig zu wissen, was ein Unternehmen seinen Kunden bieten kann. Und damit ist nicht nur die Produktpalette gemeint. Heute kauft jeder am liebsten bei einem Unternehmen, dem er oder sie vertraut. Deswegen ist es für die Anbieter an der Zeit zu überlegen, wofür ihre Marke eigentlich steht und warum man bei ihr besser aufgehoben ist, als bei der Konkurrenz. Ein Blick in die Community ist hierfür ein guter Start.